Früher war es Christen unter Androhung der Todesstrafe verboten, die Stadt zu betreten. Heute ist Chefchaouen im Rifgebirge ein Touristen-Magnet ersten Ranges. Verantwortlich dafür ist vor allem die einzigartige mittelalterliche Architektur mit ihrem blau getünschten Häusern.
Chefchaouen liegt auf einer Höhe von 570 Metern und beherbergt ca. 45.000 Menschen. Ihr fantastisches Erscheinungsstadt verdankt die Stadt ihrer wechselvollen Geschichte: Das Gründungsjahr von Chefchaouen wird mit 1471 angegeben. In diesem Jahr ließ der Stadtgründer Moulay Ali Ben Moussa Ben Rached El Alami die große Moschee errichten.
Einen großen Wachstumsschub erlebte Chefchaouen im Jahr von Kolumbus Ankunft in Amerika 1492: Nach der Eroberung Granadas durch die Monarchen Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón flohen viele Muslime und Juden über die Straße von Gibraltar nach Marokko.
Dieser Zuwanderung verdankt Chefchaouen sein bis heute charakteristisches Aussehen: Die Architektur der Altstadt mit ihren engen Gassen und den Giebelhäusern mit Ziegeldächern erinnert an andalusische Dörfer. Als Reaktion auf die Vertreibung aus Spanien wurde ein Betretungsverbot für Christen verhängt. Dadurch blieb die Medina vor europäischen Einflüssen verschont. Die einzige Ausnahme soll der französische Forscher und Priester Charles de Foucauld gewesen sein, der 1883 in der Stadt verweilte.
Das Betretungsverbot fiel erst 1920, als die Spanier erstmals die Stadt eroberten. Chefchaouen zählte zwar seit 1906 offiziell zum Protektorat Spanisch-Marokko, wehrte sich aber lange erfolgreich gegen die europäische Besatzung. Erst 1927 gelangte die Stadt endgültig unter spanische Kontrolle – keine andere marokkanische Stadt konnte sich länger dem europäische Einfluss entziehen.
Woher aber stammt die charakterische blaue Farbe der Häuser in der Altstadt? Hier gibt es zwei Erklärungsansätze: Besuchern von Chefchaouen wird gerne erzählt, dass die blaue Farbe vor dem „Bösen Blick“ schützen soll. Dieser Volksglaube findet ein häufige Entsprechung in anderen orientalischen Schutzsymbolen, wie z. B. dem blauen Nazar-Amulett oder dem blauen Auge in der „Hand der Fatima“.
Quellen wie Lonely Planet, CNN oder The Guardian argumentieren allerdings in eine völlig andere Richtung: Die Farbe soll an das „himmlische Blau“ Techelet erinnern, das in der hebräischen Bibel Tanach über als 50 mal erwähnt wird. Die heutige Tradition der blauen Häuser hätte demnach seine Wurzeln in der jüdischen Zuwanderung.
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