Der Sämen-Nationalpark liegt im Norden der äthiopischen Region Amhara. Der 179 Quadratkilometer große Park ist bei Touristen vor allem als Wanderparadies beliebt. Auch einzigartige Tierarten gibt es zu bestaunen – wie etwa den Äthiopischen Steinbock, den löwenmähnigen Blutbrustpavian und den Äthiopischen Wolf.
Trekking im Simien Mountains National Park (SMNP) – so der offizielle Name auf Englisch – setzt eine gute Kondition, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit voraus. Hier geht es ganz schön zur Sache: Die Höhenlagen reichen von 1.900 bis über 4.500 Metern. Insgesamt drängen sich im Park mehr als ein Dutzend Viertausender. Der höchste Gipfel ist der Ras Daschän – mit 4.550 Metern das Dach Äthiopiens.
Ausdauernde Wanderer kommen aber angesichts der fantastischen Berglandschaft voll auf ihre Kosten. Neben den tiefen Schluchten und seinen schroffen Felsformationen weiß der Park mit grünen Hochebenen und spektakulären Aussichten in den Ostafrikanischen Grabenbruch zu überzeugen.
Steinbock-Population erholt sich
Viele Touristen kommen aber in diesen Teil des äthiopischen Hochlands, um die einzigartige Tierwelt zu bestaunen: Der Sämen-Nationalpark ist Heimat des Äthiopischen Steinbocks – einem etwas schlankeren Verwandten unseres Alpensteinbock. Wegen seiner intensiven Bejagung war die Art Anfang der 1960er-Jahre fast ausgestorben: 1963 wurden nur noch 150 Tiere gezählt.
Die Gründung des Sämen-Nationalpark im Jahr 1959 hat dem Äthiopischen Steinbock praktisch die Existenz gesichert. Seit 1979 zählt der Nationalpark zum Weltnaturerbe, die Population dürfte sich seitdem deutlich erholt haben. Letzte Schätzungen aus dem Jahr 2012 gehen von 850 Tieren aus.
Affen domestizieren Äthiopischen Wolf
Der Lebensraum des Äthiopischen Steinbocks befindet sich in einer Höhe 2.600 bis 3.900 Metern. In dieser Höhenlage sind auch die Dscheladas oder Blutbrustpaviane anzutreffen, die ebenfalls eine Attraktion des Sämen-Nationalparks darstellen. Das auffälligste Merkmal der Descheladas ist ein haarloser roter Fleck auf der Brust, der bei männlichen Tieren in der Brutzeit leuchtend rot ist.
Etwa 200.000 Dscheladas sollen heute im Sämen-Nationalpark leben. Für Aufsehen in der Fachwelt sorgte vor vier Jahren ein Video des Wissenschaftlers Taylor Turner: Er filmte eine Gruppe Blutbrustpaviane, die völlig unbeirrt einen Äthiopischen Wolf durch die Herde ziehen ließ. Im Normalfall suchen die Blutbrustpaviane selbst bei Hunden das Weite – warum also diese Furchtlosigkeit?
Forscher glauben, das Rätsel gelöst zu haben. Die Affen mit der Löwenmähne dürften mit den Äthiopischen Wölfen eine Zweckgemeinschaft eingegangen sein: Der Äthiopische Wolf bejagt die kleinen Nagetiere, die von den Dschelada-Herden aufgescheucht werden. Im Gegenzug lässt er dafür die Blutbrustpaviane in Frieden.
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