Seit 1996 ist Voodoo neben Islam und Christentum die dritte offizielle Religion im westafrikanischen Benin. Am 10. Januar finden im ganzen Land Zeremonien statt. Das Zentrum der Feierlichkeiten ist die Stadt Ouidah am Golf von Guinea.
Rituelle Tänze, Ziegen als Schlachtopfer und traditionelle Gewänder: Am 10. Januar sind in Ouidah Tausende Menschen auf den Straßen, um das Voodoo-Fest zu begehen. Die Feierlichkeiten sind zu einem Magnet für Besucher aus aller Welt geworden.
Laut offiziellen Angaben bezeichnen sich 17 Prozent der Beniner als Voodoo-Anhänger. Die Religion hat ihre Wurzeln in Westafrika: Der Name Voodoo stammt aus dem Fon und bedeutet soviel wie „Gott“ oder „Gottheit“.
Die Voodoo-Religion kennt nur einen Gott, dieser wird französisch Bondieu („Guter Gott“) genannt. Da allerdings Bondieu so gewaltig ist, kann sich der Gläubige nicht direkt an ihn wenden. Als Vermittler treten Loa auf. Bei diesen handelt es sich um göttliche Geistwesen mit nahezu uneingeschränkten Möglichkeiten. Die Loa sollen in der Lage sein, nahezu jeden Wunsch zu erfüllen.
Quidah war unter dem Namen Ajudá die Hauptstadt des Königreichs von Sahé (1560-1728). Um den ersten König Kpassè rankt sich der Mythos, dass er nicht gestorben sondern verschwunden sein soll. An der Stelle, wo er zuletzt gesehen wurde, wuchs durch den Zauber des Loa Loco („Papa Loko“) ein Iroko-Baum. Heute steht hier der Heilige Wald des Kpassè, der im Rahmen der Voodoo-Feierlichkeiten eine große Rolle spielt.
Quidah hat aber noch mehr zu bieten als das jährliche Voodoo-Fest. Vor allem kulturgeschichtlich ist die Stadt hochinteressant. 1680 errichteten die Portugiesen hier ein Fort, das allerdings nach wenigen Jahren wieder aufgegeben wurde.
1721 wurde die Station als São João Baptista d’Ajudá neu gegründet. Die Portugiesen wollten damit ihren Einfluss am Golf von Guinea stärken. Das gleichnamige Kolonialgebiet hatte nur 4,5 Hektar und galt als die kleinste Kolonie der Welt. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Museum.
Sehenswert ist auch die neugotische Basilique de l’Immaculée Conception (Basilika der Unbefleckten Empfängnis), die 1909 eingeweiht wurde. 1989 wurde die vormalige Kathedrale von Papst Johannes Paul II. in den Rang einer Basilica minor erhoben.
Ouidah ist Gedenkstätte eines traurigen Kapitels der Menschheitsgeschichte. Die Stadt war ein Zentrum des Sklavenhandels. Die Sklaven mussten den 3,5 Kilometer langen Weg vom Sklavenmarkt auf dem Place Cha Cha zur Porte du Non Retour (Pforte ohne Wiederkehr) zu Fuß zurücklegen. Die Pforte wurde mit Unterstützung im Jahr 1992 von der UNESCO wieder in Stand gesetzt. An dieser Stelle wird auch der Hauptteil des Voodoo-Festes abgehalten.
Durch den Sklavenhandel verbreitete sich Voodoo in die Karibik. Vor allem auf Haiti spielen Rituale der Religion eine wichtige Rolle. Heute gehen Schätzungen davon aus, dass sich weltweit 60 Millionen Menschen zum Voodoo bekennen.
Ouidah ist auch Schauplatz des Films Cobra Verde von Werner Herzog aus dem Jahr 1987, wenngleich nicht in Benin sondern in Ghana gedreht wurde. Die Titelrolle spielt Klaus Kinski. Der Film basiert auf dem Buch „Der Vizekönig von Ouidah“ von Bruce Chatwin (1980).
Heute ist Ouidah Schauplatz eines der wichtigsten Filmfestspiele in Westafrika: Das Filmfestival Quintessence findet jährlich ebenfalls im Januar statt.
Bild oben: Voodoo-Festival in Ouidah (Bildrechte: Henk Bogaard, Shutterstock.com)