Das UNESCO-Welterbekomitee hat am 8. Juli 2017 Asmara in die Liste der Welterbe aufgenommen. Der modernistische Architekturmix aus der italienischen Kolonialzeit ist weltweit einzigartig. Wir haben uns in der Hauptstadt Eritreas umgesehen.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Asmara relativ unbedeutend. Auf dem Gebiet der heutigen Großstadt fand sich lediglich eine Ansammlung kleiner Dörfer. Erst unter dem äthiopischen Kaiser Yohannes IV., der zwischen 1872 und 1889 regierte, gewann Asmara an politischem Gewicht: In den 1880er-Jahre wurde die Siedlung als Hauptstadt der damaligen Provinz Hamasien auserkoren.
Im Zuge der italienischen Invasion wurde Asmara 1889 besetzt und 1897 zur Hauptstadt der Kolonie Eritrea ernannt. Im Vorfeld des Abessinienkriegs (1935-1936) zwischen Italien und dem heutigen Äthiopien gewann Asmara als Aufmarschgebiet der italienischen Faschisten rapide an Bedeutung.
Für Mussolinis Armee lag Asmara strategisch günstig, um den Feldzug gegen das nicht-kolonialisierte Abessinien zu starten. In der Folge wurde in der Stadt ein umfassendes Bauprogramm umgesetzt, das laut UNESCO-Welterbekomitee heute ein „außergewöhnliches Zeugnis des Städtebaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dessen Umsetzung im afrikanischen Kontext“ darstellt.
Den italienischen Besatzern sollte es offenbar an nichts fehlen: Zwischen 1935 und 1941 entstanden in Asmara hunderte modernistische Gebäude, darunter Regierungsbauten, vier große Kinos, ein Opernhaus, Fabriken und etliche Hotels. Laut dem Magazin Architektur&Wohnen machte der Ausbau Asmara zu einer der modernsten Metropolen der damaligen Zeit. In der Hauptstadt der Kolonie soll es damals mehr Ampeln gegeben haben als in Rom.
Die Einzigartigkeit des heutigen Stadtbildes rührt von den unterschiedlichen modernistischen Stilrichtungen der damaligen Zeit her. Asmara drückten vor allem junge italienische Architekten ihren Stempel auf, die in ihrer Heimat noch keine großen Namen hatten. In der eritreischen Hauptstadt rivalisieren Gebäude, die dem Rationalismus mit seiner puristischen Ästhetik zuzuordnen sind, mit Bauten, die eindeutig die Handschrift des Art Déco und des Futurismus tragen.
Und so ist just eine Tankstelle heute die Architektur-Ikone der Stadt: Das futuristische Architektur von „Fiat Tagliero“ stammt von Giuseppe Pettazzi. Petazzi hat der im Jahr 1938 eröffneten Tankstelle die Form eines startenden Flugzeugs verpasst. Die mächtigen Betonflügel, die als seitliche Dächer dienen, bringen es auf eine Spannweite von imposanten 30 Metern.
Die stützenlose Konstruktion der Seitendächer bereitete der Baubehörde allerdings einiges an Kopfzerbrechen. Sie schrieb vor, dass die Flügel mit Holzpfeilern versehen werden, um einen möglichen Einsturz zu vermeiden.
Bei der Eröffnung der Tankstelle soll dem Architekten Giuseppe Pettazzi aber der Kragen geplatzt sein: Er griff zu einem Gewehr und verlangte von seinem Vorarbeiter, die Stützen zu entfernen. Zur Überraschung vieler Festgäste hielt die Konstruktion. Und das tut sie auch heute noch.
Titelbild: Die Tankstelle „Fiat Tagliero“ in Asmara (David Stanley/Flickr, CC BY 2.0)